dieDAS – Design Akademie Saaleck befindet sich in den historischen Gebäuden der Saalecker Werkstätten. Malerisch auf einem Felsen über der Saale im Süden Sachsen-Anhalts zwischen Halle und Leipzig, Naumburg und Weimar gelegen, wird diese Anlage von einer finsteren und schwerwiegenden Vergangenheit überschattet, die auf ihren ursprünglichen Gründer und Erbauer, den Rassenideologen und Architekten Paul Schultze-Naumburg (1869–1949), zurückgeht.
dieDAS und die Marzona Stiftung Neue Saalecker Werkstätten haben es sich zur Aufgabe gemacht, an diese Geschichte zu erinnern und dieses „unbequeme Denkmal“ behutsam und umsichtig umzuwandeln. Die Saalecker Werkstätten sollen als neuer Ort des freien Denkens, des zukunftsweisenden Gestaltens und des offenen Diskurses aufgebaut werden.
Schon kurz nach dem Bau seines Wohnhauses 1902 in Saaleck gründete Paul Schultze-Naumburg hier die Saalecker Werkstätten, die als völkisch-traditionalistischer und konservativer Gegenpol zum Deutschen Werkbund und dem Bauhaus bald große Aufmerksamkeit auf sich zogen. In den Jahren nach der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg wurden rassistische und antisemitische Theorien, wie sie bald darauf die Basis der nationalsozialistischen Kulturpolitik bilden sollten, zunehmend auch Teil von Schultze-Naumburgs antimodernistischem Standpunkt.
1928 verfasste Schultze-Naumburg die Hetzschrift „Kunst und Rasse“. Zu diesem Zeitpunkt war Saaleck bereits zu einem elitären Treffpunkt für hochrangige Nazionalsozialist*innen geworden. Adolf Hitler und andere bekannte Größen des Nazi-Regimes waren regelmäßig zu Gast. 1930 wurde Schultze-Naumburg NSDAP-Mitglied und tat sich als einflussreicher Werber für die nationalsozialistische Ideologie hervor.
Saalecker Werkstätten, gegründet 1904 von Paul Schulze-Naumburg
Saalecker Werkstätten um 1925
Die entsetzlich rassistischen, antisemitischen und fremdenfeindlichen Überzeugungen, die früher einmal an diesem Ort propagiert wurden, dürfen niemals in Vergessenheit geraten.
Nicht zuletzt aus diesem Grund wollen dieDAS und die Marzona Stiftung die ehemaligen Saalecker Werkstätten als Plattform für einen antirassistischen, global ausgerichteten und produktiven Dialog über die Grenzen einzelner Kulturen hinweg etablieren. dieDAS ist ein Bekenntnis zur Kraft des Wandels, der Gemeinschaft und des visionären Denkens. Inmitten von Deutschland wird mit der Design Akademie Saaleck ein entschlossenes und erfahrbares Zeichen für die Veränderungskraft einer offenen Gesellschaft mit uneingeschränkter Gestaltungsfreiheit gesetzt.
1940 verkaufte Schultze-Naumburg die Anlage an den Verein Deutscher Gartenbau Boetnerhof, der hier Lehrgänge für Gärtner mit nationalsozialistischer Weltanschauung durchführte. Nach einigen kurzfristigen Verwendungen am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die ehemaligen Saalecker Werkstätten anschließend in der DDR und noch bis 1995 als Altersheim genutzt.
2018 erwarb die neu gegründete Marzona Stiftung Neue Saalecker Werkstätten dank der Unterstützung des Sammlers und Mäzens Egidio Marzona die früheren Saalecker Werkstätten. „An diesem Ort, der uns an das dunkelste Kapitel unserer Geschichte erinnert“, sagt Marzona, „werden wir dem Schaden, den der rechtsextreme Populismus angerichtet hat, mit freiem Austausch entgegentreten. Wir werden – international ausgerichtet und liberal denkend – den Boden bereiten für innovative Ideen.“
Saalecker Werkstätten 2018
2020 konnte sich die renommierte dänische Architektin Dorte Mandrup in einem internationalen Wettbewerb als Siegerin behaupten und wurde anschließend mit der Erstellung einer Masterplans für die umfangreiche, mehrjährige Sanierung und Erweiterung des dieDAS-Campus auf dem Gelände der ehemaligen Saalecker Werkstätten beauftragt.
Dorte Mandrups Entwurf plant für dieDAS, dieses „unbequeme Denkmal“ – die ehemaligen Werkstätten und das Wohnhaus des Rassenideologen und Architekten Paul Schultze-Naumburg – als Ort für einen vorwärtsgewandten Diskurs und sozial relevantes Gestalten neu zu definieren. Ihr Masterplan setzt auf die denkmalgerechte Bewahrung historischer Zeitschichten, um die komplexe Geschichte der Anlage auch visuell erlebbar zu machen und fügt der vorhandenen Struktur behutsam eine neue, zeitgenössische Ebene hinzu.
Mandrup arbeitet dabei intensiv mit Farbe, Struktur und Materialität, um die unterschiedlichen Bau- und Entwicklungsphasen sichtbar zu machen und ersetzt Fehlstellen an zentralen Positionen mit mutigen Ergänzungen. So wird nach der Sanierung dieses Denkmals von nationaler Bedeutung die poetische „Infinity Bridge“ von weither aus dem Saaletal sichtbar sein – ein klares Zeichen, daß hier ein Ort für offene neue Gedanken und Visionen entsteht. Parallel wird sich ein Dokumentations- und Bildungszentrum mit der belasteten Geschichte der Saalecker Werkstätten und ihres Erbauers Paul Schultze-Naumburg auseinandersetzen.